Wem gehört die Stadt?

Wem gehört der öffentliche Raum? – LiB fordert Transparenz bei Außenwerbung in Bielefeld

Großflächen an Bushaltestellen, leuchtende Displays an Kreuzungen, Litfaßsäulen in Parks – Werbung ist allgegenwärtig im öffentlichen Raum. Doch wie viele dieser Werbeflächen gibt es eigentlich in Bielefeld? Welche Art von Werbung dominiert? Und wie viel verdient die Stadt damit?

Diesen Fragen geht die Wähler*innengemeinschaft Lokaldemokratie in Bielefeld (LiB) jetzt mit einer offiziellen Anfrage im Stadtrat nach. Unser Oberbürgermeisterkandidat Michael Gugat will damit eine öffentliche Diskussion anstoßen – über die Nutzung, die Gestaltung und die Zukunft unserer gemeinsamen Stadträume.

„Viele europäische Städte und auch deutsche Kommunen überlegen derzeit, kommerzielle Außenwerbung zu reduzieren – sei es wegen des hohen Energieverbrauchs digitaler Anlagen, der visuellen Überfrachtung oder aus ästhetischen Gründen“, sagt Michael Gugat.
„Auch wir in Bielefeld sollten wissen, wie stark unser öffentlicher Raum wirtschaftlich genutzt wird – und was das für unsere Stadtentwicklung bedeutet.“

Was genau will LiB wissen?

Die Anfrage umfasst drei zentrale Punkte:

  1. Wie viele genehmigte Werbeflächen gibt es aktuell im öffentlichen Raum Bielefelds – aufgeschlüsselt nach Typen wie Großflächen, Litfaßsäulen oder digitale Displays?
  2. Wie lange laufen die jeweiligen Verträge noch, die die Stadt mit Werbeanbietern geschlossen hat?
  3. Wie hoch waren die städtischen Einnahmen aus der Vermarktung dieser Flächen im Jahr 2024?

Die Antworten sollen nicht nur Transparenz schaffen, sondern auch eine Grundlage bieten, um über die künftige Rolle von Werbung in Bielefelds Stadtbild nachzudenken.

Warum das Thema wichtig ist

In vielen Städten wird der Wunsch lauter, den öffentlichen Raum nicht länger nur als Fläche für kommerzielle Nutzung zu sehen. Themen wie Energieeffizienz, Lebensqualität und städtebauliche Gestaltung rücken zunehmend in den Fokus. Gleichzeitig stehen viele Kommunen unter finanziellem Druck – und Einnahmen aus Werbung sind eine feste Größe im Haushalt.

Gerade deshalb ist es wichtig, dass die Öffentlichkeit Einblick in die bestehenden Verträge, Einnahmen und Werbestrukturen bekommt.

Was LiB damit erreichen will

Die Anfrage ist für die LiB ein erster Schritt in einer größeren Diskussion:
Wie soll unser öffentlicher Raum künftig aussehen?
Wie viel Werbung ist angemessen – und wo sind Grenzen sinnvoll?
Was ist der Preis für Sichtbarkeit – und wer entscheidet darüber?

Wir glauben: Nur mit fundierten Informationen lässt sich diese Debatte offen und demokratisch führen.

Und hier die Antwort der Verwaltung

Rede von Michael Gugat:

Die Frage hinter der Anfrage lautet: Wem gehört die Stadt?


 Das steht für mich im Zentrum. Der öffentliche Raum sollte ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der kulturellen Vielfalt sein. Im Stadtentwicklungsausschuss und den Bezirksvertretungen diskutieren wird ausführlich über Stadtgestaltung und das Stadtbild. Doch wenn kommerzielle Werbung zunehmend diesen Raum dominiert, stellt sich die Frage, ob wir als Bürgerinnen und Bürger noch die ausreichende Kontrolle über unser Stadtbild haben.

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Digitale Werbeanlagen sind nicht nur visuell dominant, sondern verbrauchen auch erhebliche Mengen an Energie. Eine einzige digitale Werbetafel kann jährlich bis zu 20.000 kWh Strom verbrauchen – das entspricht dem Jahresverbrauch von etwa zehn Single-Haushalten.  In Zeiten, in denen wir alle aufgefordert sind, Energie zu sparen und unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, sollten wir auch den Energieverbrauch solcher Anlagen kritisch hinterfragen.
 

Es geht nicht darum, Werbung grundsätzlich zu verbannen. Werbung an der Stätte der Leistung, wie Schilder von Geschäften oder Handwerksbetrieben, ist unkritisch und oft sogar hilfreich. Auch private Hausflächen bleiben selbstverständlich ausgenommen. Doch wir sollten überlegen, ob wir wirklich 26 Mega-Lights in unserer Stadt benötigen – oder ob vielleicht zehn ausreichend wären. Oder könnten wir sogar ganz auf solche großflächigen, leuchtenden Werbeanlagen verzichten?


Lassen Sie uns baldmöglichst gemeinsam darüber diskutieren, wie wir den öffentlichen Raum gestalten möchten. Die Verwaltung bitte ich, aktuell keine langfristigen neuen Verträge abzuschließen, so dass politische und gesellschaftliche Einflussnahme möglich bleibt, die Verträge laufen schon in einem halben Jahr aus. Es geht nicht um ein „entweder oder“, sondern um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen kommerziellen Interessen und dem Wohl der Allgemeinheit. Unsere Stadt gehört uns allen – gestalten wir sie gemeinsam so, dass sie lebenswert, sicher und ästhetisch ansprechend bleibt.

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