Kein Podium der AfD!

Unser Oberbürgermeisterkandidat Michael Gugat hat ein persönliches Statement zu Podiumsdiskussionen mit der AfD abgegeben.


Im Vorfeld der Kommunalwahl werden gerade die ersten Diskussions-Veranstaltungen vorbereitet, und gleich bei einer der ersten ist ein Vertreter der gesichert rechtsextremistischen AfD eingeladen.

Um es klar zu sagen: Als Oberbürgermeisterkandidat werde ich nicht an Podiumsdiskussionen teilnehmen, auf die auch ein*e Vertreter*in der gesichert rechtsextremistischen AfD eingeladen wird. Und ich möchte sagen, dass ich das nicht leichtfertig mache: Denn gerade wir als kleine Wähler*innengemeinschaft brauchen jede Publicity. Wir werden zu oft nicht eingeladen, zu oft werden unsere Pressemitteilungen und Debattenbeiträge ignoriert. Hier schlägt für mich die Haltung den Opportunismus.  

Ein Podiumsgespräch lebt vom Ringen um die beste Idee, vom Respekt für den demokratischen Gegner. Doch wer die Grundregeln unseres Zusammenlebens ablehnt, wer Menschen entmenschlicht und permanent die Grenzen des Sagbaren verschiebt, ist kein Gegner in einer Debatte – sondern ein Feind der Demokratie. 

Ein Bild mag helfen: Im Fußball gibt es Rivalitäten – Schalke gegen Dortmund, Arminia Bielefeld gegen Preußen Münster, St. Pauli gegen den FC Bayern. Sie alle spielen dasselbe Spiel, mit denselben Regeln, mit dem Ziel, sich sportlich zu messen. Die gesichert rechtsextreme AfD spielt aber gar keinen Fußball, sondern Rugby. Und wenn eine Fußballmannschaft auf ein Rugbyteam trifft, dann wird kein Fußball mehr gespielt – sondern ein anderes Spiel, mit anderen Regeln und anderer Gewalt. So ist es, wenn demokratische Kräfte sich mit einer Partei auseinandersetzen, die die Spielregeln der Demokratie und des Grundgesetzes nur als unverbindlichen Vorschlag ansieht.

Oder nehmen wir eine andere bekannte Analogie: Das Taubenschach. Egal, wie gut du Schach spielst, am Ende wird die Taube alle Figuren umwerfen, auf das Brett kacken und herumstolzieren, als hätte sie gewonnen. 

Es gibt für eine Podiumsdiskussion unter Beteiligung der gesichert rechtsextremen AfD zwei gleichermaßen unerfreuliche Szenarien: 

  • Die gesichert rechtsextreme AfD wird als gleichberechtigter Partner in der Sachdiskussion behandelt. Das trägt unweigerlich zur weiteren Normalisierung von Rechtsextremisten bei. 

oder

  • Die gesichert rechtsextreme AfD wird so oft es geht, als das markiert, was sie ist: rechtsextremistisch, völkisch-nationalistisch und demokratiezersetzend. Eine Sachdebatte ist nicht mehr möglich. Die Sachfragen, die Sorgen der Menschen, werden zweitrangig. 

Ein Dilemma. 

2020 habe ich aus Anlass einer geplanten Podiumsdiskussion des Senior*innenrates unter Einbeziehung der nunmehr gesichert rechtsextremen AfD einen prototypischen Verlauf skizziert. Der Text ist unten zu finden und leicht auf jedes andere Thema zu adaptieren.  


„Kein Fußbreit“ ist keine Phrase, es ist eine Lehre aus unserer Geschichte. Wenn wir uns heute nicht klar abgrenzen, wenn wir der gesichert rechtsextremen AfD immer wieder und immer weiter die Tür zur bürgerlichen Mitte öffnen, dann stehen wir in ein paar Jahren wieder vor der Frage: Warum haben wir nichts getan? Warum haben wir es zugelassen? So wie nach den 12 Jahren des sogenannten 1000jährigen Reiches viele Ausreden und Erzählungen erfunden werden mussten. 

Ich möchte nicht zu denen gehören, die später Ausreden suchen.  

„Nie wieder Faschismus“ ist ein Versprechen. Und das beginnt nicht mit Sonntagsreden, sondern mit Rückgrat – auch wenn es unbequem ist. Gerade dann. 

Michel Friedman sagte am Holocaustgedenktag 2025: „Jeder fünfte Deutsche wählt eine Partei, die sagt, einige Menschen sind niemand. „Es handele sich um eine Partei, „die Menschen hasst, verachtet und wieder qualifiziert und disqualifiziert“. Friedman („50 Angehörige meiner Familie wurden von Deutschen ermordet“) sagte: „Wir erleben, dass der Judenhass salonfähig geworden ist, der Menschenhass ist salonfähiger geworden.“ Die AfD nannte er „eine antidemokratische, Neonazi-orientierte Partei, deren Ehrenvorsitzender Hitler einen Vogelschiss der Geschichte genannt hat“.  

Ich konnte mich bisher nicht an Podien beteiligen, auf denen Vertreter*innen einer gesichert rechtsextremen Partei Platz nehmen, und ich werde das auch in Zukunft nicht können. Nicht aus Angst. Sondern aus Verantwortung.

Ich wünsche mir von Veranstalter*innen solcher Diskussionsformate: Hören Sie bitte auf, der AfD eine Bühne zu bieten. Im Stadtrat und in Ausschüssen, müssen wir mit ihnen umgehen, das fordern die demokratischen Spielregeln und Gesetze, so lange die Partei nicht verboten ist. Aber die gesichert rechtsextreme AfD zu einer Podiumsdiskussion einzuladen, ist eine Entscheidung. Niemand wird dazu gezwungen. Wer die Demokratie verachtet, gehört nicht in demokratische Formate eingeladen.

Ich wünsche mir gleichzeitig von allen demokratischen Kandidat*innen: Zeigen wir gemeinsam Haltung. Treten wir nicht mehr gemeinsam mit der gesichert rechtsextremen AfD auf. Es gibt kein gemeinsames Podium mit denen, die unsere freiheitliche Gesellschaft von innen heraus zerstören wollen. 

Wir dürfen keine Bühne bieten für Menschenverachtung und ihre Normalisierung. Erst recht nicht dann, wenn die Protagonist*innen vorher Kreide fressen. Wir müssen die Demokratie gegen Ihre Feinde verteidigen Ja, die AfD wurde demokratisch gewählt – nach einem Wahlkampf, der mit Desinformation und Hetze in den sozialen Medien geführt wurde. Das ändert nichts an ihrer gesichert rechtsextremen Gesinnung, von der sich jede*r durch Lektüre des Verfassungsschutz-Gutachtens überzeugen kann. Juristisches Verfahren hin oder her: Für mich ist die AfD schon lange gesichert rechtsextrem.

Michael Gugat, 30. Mai 2025


Anhang: 

Statement von mir, geschrieben im August 2020, zu einer geplanten Podiumsdiskussion des Seniorenrates:

Im Rahmen der Absage der Podiumsdiskussion des Seniorenrates der Stadt Bielefeld mit den OB-Kandidat*innen gibt es unterschiedliche Betrachtungen. Wir hören oftmals „Die AfD muss in der Debatte gestellt werden!“. Oder: „Dadurch bringen wir sie in eine Opferrolle!“ 

Hinter dieser Aussage steckt meiner Ansicht nach ein fundamentaler Irrtum. Es wird dabei davon ausgegangen, dass diese Leute eine gleichberechtigte Funktion und Position in einer Debatte einnehmen wollen. Das ist nicht der Fall. 

Es geht denen nicht um unterschiedliche Meinungen und Argumente, es geht um Zerstörung. Dafür werden verschiedene rhetorische Mittel angewandt, die alle bei Schopenhauer („Die Kunst, Recht zu behalten“) nachzulesen sind. 

Diskussionen mit vermeintlich „intellektuellen“ Rechtsextremist*innen laufen immer nach demselben Muster ab. Ich versuche das mal anhand des konkreten Anlasses nachzuzeichnen. 

Thema wäre gewesen: „Senior*innenpolitik“. Hier gab es recht konkrete Forderungen und Fragen des Seniorenrates, die alle Menschen betreffen, die in einem höheren Alter sind. Die Fragen nach Wohnraum, Pflege, öffentliche Toiletten, etc. 

Auf diese Fragen kann man konkrete Antworten finden, wie man diese als Kommunalpolitiker bearbeiten und lösen möchten. Beispiel Wohnraum: Wir gucken uns die demographische Entwicklung an, die Bedarfe, die Senior*innen haben (Barrierefreiheit, Anbindung an Einkaufsmöglichkeiten, ÖPNV etc.), man kommt zu Erkenntnissen und möglichen Lösungen. Eine Lösung könnte sein: Die Stadt soll bauen! (nur von den Linken vertreten). Eine andere, Förderung des Bielefelder Modells mit dem städtischen Eigenbetrieb BGW. Man kann sich über die Anzahl der benötigten Wohnungen und die Größe streiten und wieviel Geld einem das wert ist. Was das dann für den Haushalt der Stadt bedeutet. Man kann über besondere Bedarfe von älteren alleinlebenden Frauen reden, über besondere Bedarfe von Menschen mit Migrationshintergrund, die immerhin ein Drittel der Stadtgesellschaft ausmachen. Über die Bedarfe von älteren LSBTI* Personen. 

Zu allem ist es völlig zulässig, unterschiedlicher Meinung zu sein, anhand der vorliegenden Zahlen zu unterschiedlichen Lösungen zu kommen. 

Die AfD würde den Sachdiskurs sprengen, indem sie darauf hinweist, dass wir zu viele Ausländer und speziell Geflüchtete haben. Die müssen aus dem Land raus, neue dürfen nicht rein, dann haben wir genug Platz für „unsere“ Alten. Die Prämisse würde in Frage gestellt werden, nachdem wir bei Lösungen für Sach-Probleme selbstverständlich nicht nach unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität, individuellen Fähigkeiten sowie Beschränkungen unterscheiden. Wir wollen jedem Menschen in seiner Einzigartigkeit und Facettenreichtum offen, freundlich und annehmend begegnen. Jede*r hat das Recht auf angemessene Sachlösungen, natürlich auch die individuellen Bedarfe. Das ist im Wesentlichen gesellschaftlicher Kontext. 

Ein Florian Sander ist höchst eloquent. Er würde nicht sagen „Ausländer raus!“. Er würde das geschickt verpacken. 

Als Mitdiskutant hat man dann zwei Möglichkeiten: Ignorieren des Gesagten. Damit würde dann eine nicht akzeptable Meinung unwidersprochen stehen gelassen und als Diskursbeitrag gleichberechtigt zugelassen. Geht nicht. Schweigen bedeutet Zustimmung. Ignoranz gegenüber rechtsextremistischen, menschenfeindlichen Positionen wurde zu oft gezeigt. Das hat insbesondere im Osten nicht funktioniert. 

Oder man widerspricht, weist auf menschenfeindliche Aussagen hin, geht in den Diskurs, ob wir eine offene Gesellschaft sind. Sander würde widersprechen, dass er das so nicht gesagt hätte, würde geschickt nachlegen. Von den anderen Podiumsteilnehmer*innen wären einige (zu Recht) empört über die im Kern mit 100%iger Wahrscheinlichkeit rassistischen Aussagen und Provokationen. Damit das nicht stehen bleibt und oberflächlich der Eindruck entsteht „Stimmt. Hätten wir nicht so viele Ausländer, hätten wir mehr Platz“, muss man auf die Nichtzulässigkeit dieses vermeintlichen(!) Arguments hinweisen, da es menschenfeindlich und rassistisch ist. Die Diskussion würde sich nur noch darum drehen. Die Moderation würde versuchen, die Diskussionen wieder zum Sachthema zurückzuführen. Die AfD würde weiter provozieren. 

Vom Sachdiskurs ist also ganz schnell keine Rede mehr. Es wird wütend und vergiftet. Die Sach-Themen des Seniorenrates spielen dann keine Rolle mehr. 

Das nur als kurze Erklärung. Und deshalb habe ich Florian Sander und die AfD als „nicht satisfaktionsfähig“ benannt. 

Müssen wir uns im Rat mit denen auseinandersetzen? Wahrscheinlich ja. Aber warum sollte ich mich freiwillig und ohne Not einem nur auf Zerstörung ausgelegten Diskurs aussetzen und die AfD damit aufwerten? Die AfD beteiligt sich nicht „um gestellt zu werden“ oder selber „zu stellen“. Das wäre ja Debatte und Diskurs. Sie will im Gegenteil zerstören. Nicht mehr und nicht weniger. 

Und die Opferrolle? Die nehmen die sowieso ein. Wird abgesagt: Operrolle „Die wollen uns ausgrenzen!“. Wird widersprochen: Opferrolle „Unsere Positionen werden nicht ernst genommen!“. Ignoranz: „Die linksgrünversifften Altparteien wollen nicht über die Wahrheit reden!“. Die Opferrolle ist konstitutiver Bestandteil der AfD. Vergesst es einfach.“ 


Abschließend zur Kenntnisnahme noch das Statement des Bielefelder Bündnis gegen Rechts, veröffentlicht im Dezember 2024:

Kein Podium, keine Plattform und keine Stimme für die AfD! 

Erklärung des Bielefelder Bündnisses gegen Rechts zum Umgang mit  rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen im Wahlkampf 2025 

Bielefeld steht für Vielfalt, Toleranz und Demokratie. Wir gestalten unser Miteinander auf  der Grundlage der Menschenwürde und lehnen Rassismus, Antisemitismus und  Menschenfeindlichkeit ab.  

Doch die Entwicklungen der letzten Monate, insbesondere die Erfolge der faschistischen  und verfassungsfeindlichen AfD, aber auch die Übernahme rechtsextremer und  rassistischer Narrative bereiten uns große Sorge. 

Wir fordern alle demokratischen Parteien und Organisationen auf, sich eindeutig  gegen alle verfassungsfeindlichen, völkisch-nationalistischen, antisemitischen und  Menschenfeindlichen Ideologien zu positionieren. 

Die AfD inszeniert sich als „normale” Partei, doch sie ist alles andere als das: 

– Sie ist eng mit rechtsextremen Netzwerken verbunden, mehrere Landesverbände stuft  der Verfassungsschutz inzwischen als gesichert rechtsextrem ein. 

– Führende Politiker*innen verharmlosen NS-Verbrechen und fordern ein Ende des  „Schuldkults”. 

– Ihre Politik ist rassistisch, fordert die Abschaffung des Asylrechts und die „Remigration”  von Millionen Menschen. 

– Sie bekämpft Pressefreiheit, verbreitet Hass und verharmlost Rechtsterrorismus. 

– Sie vertritt antifeministische und völkische Ideologien, lehnt Gleichstellung ab und  gefährdet den Sozialstaat. 

Neutralität kann es gegenüber einer solchen Partei nicht geben. Neutralität endet, wo  Hass und Hetze beginnen. Die AfD ist bundesweit eng verzahnt mit Neonazis von NPD bis  Identitärer Bewegung und regionalen rechtsextremistischen Organisationen wie Freie  Sachsen und ähnlichen Organisationen in OWL. Allein die AfD-Bundestagsfraktion  beschäftigt über 100 Mitarbeitende aus dem rechtsextremen Milieu.  

Die AfD als gleichberechtigte Gesprächspartnerin zu behandeln, trägt zu ihrer  Normalisierung bei und stärkt ihre menschenfeindliche Agenda. 

Wir fordern daher, Vertreter*innen der AfD nicht zu Podiumsdiskussionen einzuladen.  

Demokratische Parteien rufen wir dazu auf sich zu verpflichten: 

– Die AfD nicht als legitime und gleichberechtigte Diskussionspartnerin anzuerkennen. 

– Veranstalterinnen aufzufordern, AfD-Kandidatinnen auszuladen. 

– Proteste antifaschistischer Bündnisse zu unterstützen, falls Podiumsveranstaltungen mit  der AfD stattfinden. 

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Bielefeld bleibt standhaft:  

Kein Podium, keine Plattform und keine Stimme für die AfD! 

Bielefelder Bündnis gegen Rechts 

Dezember 2024 


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